„Der letzte Stern im Universum des Königs“

Die mediale Präsentation der Eremitage im Neuen Garten zu Potsdam

„Ein Spaziergang durch den Neuen Garten gleicht noch heute einem Gang durch die Gefühlswelt des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Bauten und Gedächtnismale machen den Spaziergang zu einer Reise durch das Leben. Alles, was der Mensch träumte, fühlte, erlebte oder auf Reisen gesehen hatte, ist als Sinnbild und Denkmal hier versammelt.”
(vgl. Wilma Otte. Das Marmorpalais. Ein Refugium am Heiligen See. München 2003.)

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(c) Michael Laakmann

https://www.kuwi.europa-uni.de/de/studium/master/sek/Studienprojekte/index.html

Unser Projekt auf einen Blick

Die Eremitage im Neuen Garten zu Potsdam stellt ein außergewöhnliches Zeugnis der Gartenkunst des ausgehenden 18. Jahrhunderts dar. Hinter einer schlichten Außenhülle aus Eichenborken verbarg sich einst ein prachtvolles, mit reicher Symbolik aufgeladenes Interieur, das seit den 1960er nicht mehr an Ort und Stelle erlebt werden kann. Es ist an der Zeit, diesen versunkenen Schatz zu heben und unter Nutzung moderner Präsentationstechniken wieder sichtbar zu machen. In Kooperation mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten erstellen wir eine virtuelle Teilrekonstruktion des Innenraumes, eingebettet in eine filmische Dokumentation über die historischen Hintergründe dieses außergewöhnlichen Bauwerks. Die Dokumentation soll zum Frühling 2021, vorliegen und an schließend über die Websites und Social Media Auftritte der Europa Universität Viadrina und Partnerinstitutionen aus Medien, Denkmalpflege und Tourismus Interessierten zugänglich gemacht werden.

Einzigartig und geheimnisvoll: Die Eremitage im Neuen Garten

Die Eremitage im Neuen Garten ist ein typisches und zugleich außergewöhnliches Produkt ihrer Zeit. Eremitagen zu Deutsch Einsiedeleien gehörten im ausgehenden 18. Jahrhundert zu den festen Bestandteilen des seinerzeit modernen Landschaftsparks. Oft an verschwiegenen Orten errichtet, dienten sie ihren adligen Erbauern als Orte der Muße und Meditation. Dem Zweck entsprechend galt ein im Äußeren wie Inneren eher schmuckloses Erscheinungsbild als Ideal.

Um das Jahr 1796 entstand am Ufer des Jungfernsees in Potsdam ein solcher Staffagebau, der heute, nach einer wechselvollen Geschichte, mit dem gesamten Neuen Garten zum UNESCO Welterbe der Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin gehört. Hofzimmermeister Johann Gottlieb Brendel errichtete ein fensterloses, mit einem Grundriss von ca. 7,30m x 5,70m bescheiden dimensioniertes Gebäude im Auftrag des Königs Friedrich Wilhelm II., der sich einen privaten Ort des Rückzugs und des Zwiegesprächs mit Gott wünschte . Das rechteckige, mit rauer Eichenborke verkleidete Äußere entsprach perfekt dem zeitgenössischen Idealbild einer Eremitage, verbarg jedoch zum Erstaunen des Besuchers einen ovalen, prächtigen und überaus kostbar ausgestalteten Innenraum, was die Potsdamer Eremitage unter den vergleichbaren Bauten der Epoche in Deutschland absolut einzigartig macht. Die Wände waren mit kunstvollen Boiserien aus einheimischen Hölzern verkleidet, die als Kuppel gestaltete Decke zeigte in illusionistischer Malerei die Planetengötter der griechisch römischen Mythologie und einen Teil des Zodiakus. Eine zentral positionierte Deckenlaterne ließ tagsüber die Sonne, nachts das Mondlicht hinein. Dem gegenüber zierte eine aufwendig mit verschieden farbigen Marmorsorten erstellte Doppel-Hemisphäre in Steinschnittarbeit den Fußboden. Wände, Decke und Boden bildeten zusammengenommen ein ausgeklügeltes ikonografisches Gesamtkunstwerk und machten die Eremitage selbst zu einer der wichtigsten Stationen einer als philosophische Erkenntnisreise inszenierten Gebäudefolge im Neuen Garten. Der Bauherr Friedrich Wilhelm II liebte Gärten und die Natur und ließ den Neuen Garten ab 1786 in bewusster Abgrenzung zum „alten” Park Sanssouci seines Onkels Friedrich II anlegen. Auch masonische Anklänge (Friedrich Wilhelm II war Mitglied im Bund der Rosenkreuzer und Freimaurer) kommen in der Gestaltung zum Ausdruck.

Überstand die Eremitage den Zweiten Weltkrieg weitgehend unbeschadet, musste sie 1964 dem Ausbau von Grenzanlagen der innerdeutschen Grenze weichen. Ein Wiederaufbau der Außenhaut erfolgte 2007, eine Wiederherstellung des Innenraumes konnte dabei nicht vorgenommen werden. An das faszinierende Interieur erinnert seitdem eine Informationstafel neben dem Bauwerk.

Faszination Eremitage: Unsere Motivation und Ziele

Mit unserem Vorhaben, den Innenraum der Eremitage in einer audiovisuellen Präsentation virtuell wiederauferstehen zu lassen, möchten wir ein breites Publikum auf diesen versteckten Schatz aufmerksam machen. Die Wiederherstellung des Interieurs ist für uns gleich aus mehreren Gründen ein zentrales Anliegen: Zum Einen nimmt die Potsdamer Eremitage aufgrund der Pracht und reichen Symbolik ihres Inneren unter den vergleichbaren Bauten ihrer Epoche in Deutschland eine Sonderstellung ein. Zwar waren Eremitagen ei ne beliebte Staffage in den Landschaftsparks des ausgehenden 18. Jahrhunderts, jedoch waren sie als Orte der Meditation und Verbindung mit der Natur in der Regel äußerlich wie innerlich schlicht. Die Eremitage in Potsdam, schmucklos nach Außen, aber opulent im Innern, bricht mit diesem Ideal und spielt mit den Erwartungen des Betrachters, was eine eigene Spannung und Faszination erzeugt.

Zum Anderen ist das Interieur zum Verständnis nicht nur des Gebäudes selbst, sondern der gesamten Parkumgebung von essenzieller Bedeutung. Unsere Präsentation ermöglicht es heutigen Parkbesuchern, die philosophische Erkenntnisreise hinter den sichtbaren Parkgebäuden nachzuvollziehen und wertet das Besuchererlebnis im Neuen Garten somit unmittelbar auf. Dem Gast eröffnet sic h ein Zugang zur Gedankenwelt am Ende des 18. Jahrhunderts, als die aufblühenden Wissenschaften und Geheimbünde, Astronomie und Astrologie, christliche Religiosität und Faszination für die griechische Mythologie nebeneinander existierten.

Diese spannungsreichen Kontraste finden wir auch in den Interessen König Friedrich Wilhelms II. als Bauherr der Eremitage. Unser Projekt bringt diesen „Stern“ im gedanklichen Universum des Monarchen heller zum Leuchten und trägt dazu bei, einen historisch oft unterschätzten, in seinem Streben nach Wissen und familiärem Glück jedoch teils erstaunlich modernen König der heutigen Welt näher zu bringen und begreifbar zu machen. Auch durch diese Beschäftigung mit seinem Urheber erhält der Neue Garten einen wichtigen Baustein seiner Geschichte und Gesamtwirkung zurück. Nicht zuletzt steht unser Vorhaben in Einklang mit Artikel 10 der Charta von Florenz, die
die Berücksichtigung der Gesamtheit aller Elemente eines Gartendenkmals zur Grundbedingung für jede gartendenkmalpflegerische Maßnahme macht.

Darauf freuen wir uns: Die Projektinhalte

Als sichtbares Ergebnis unseres Projekts präsentieren wir einen ca. fünfzehnminütigen Film, der wissenschaftlich fundiert die Faszination für die Eremitage und ihre Umgebung weckt. Stimmungsvolle Aufnahmen illustrieren die Beziehungen zwischen der Eremitage und weiteren Parkgebäuden und nehmen den Betrachter mit auf die Reise ins 18. Jahrhundert. Statt konventioneller Kommentare aus dem Off überlassen wir es ausgewählten Experten aus den
Bereichen Denkmalpflege, Kunstgeschichte und Gartenarchitektur, in Interviewpassagen die Geschichte des Gebäudes und ihre jeweils eigene Faszination dafür zu erzählen. Die Außenaufnahmen des Parkareals liegen ebenso wie ein Großteil der Interviewsequenzen als Rohdaten bereits vor. Im nächsten Schritt bedarf es einer professionellen Postproduktion und eines effektvollen Schnitts, um die entstanden Bilder dramaturgisch aufzubereiten und in einen spannenden, gerade für ein nicht fachliches Publikum attraktiven und verständlichen Film zu verwandeln. Um die Attraktivität und den informativen Wert des Films zu optimieren, soll eine dreidimensionale, virtuelle Rekonstruktion des Innenraums entstehen, die diesen detailgetreu wieder auferstehen lässt und den Zuschauer zu einer „Besichtigung“ des Gebäudes zu seiner Erbauungszeit einlädt . Die aufwändige Rekonstruktion wird als Höhepunkt in den Film eingefügt, wobei moderne Bildtechniken und Motion Graphics direkte Bezüge zwischen den Filmaufnahmen des heutigen Zustands und der virtuellen Grafik gestatten.

Interpretierende Anteile der Rekonstruktion, die sich aus dem Fehlen von Informationen zu Material und Farbgebung von Teilen des Interieurs ergeben, sollen als solche kenntlich gemacht werden.

Um ein möglichst großes Publikum zu erreichen planen wir die Verbreitung des Films in reichweitenstarken Online Kanälen, wofür wir über die Webpräsenzen der Europa Universität Viadrina und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hinaus Kooperationen mit regionalen Medien, Fachverbänden der Denkmalpflege und regionalen Tourismusverbänden anstreben. Ein ansprechend gestaltetes Printprodukt, z.B. in Form einer Broschüre oder Postkarte, unterstützt die Verbreitung und Bewerbung des Films.

Ansprechpartner:

Das Projekt entstand in enger Kooperation mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg sowie mit freundlicher Unterstützung der Wolfstieg-Gesellschaft, unabhängige Freimaurerforschung, Gründung 1913 e.V. Bad Homburg vor der Höhe, der Freigärtnerloge „Carl Theodor zum goldenen Garten“ e.V. Schwetzingen, der Theaterklause in Potsdam, von Michael Laakmann (Regie, Director of Photography) und Rolf Blank (Kamera).