Was kann man unter „Humanität“ verstehen?
Über dem Begriff des Menschen an sich steht als „universale“ der der Menschheit, über dem Begriff der Persönlichkeit der der Menschlichkeit. Jene gipfelt ihre Arbeit in der Hervorbringung von Kulturwerten, diese in der Schaffung von Ewigkeitswerten. Ich sehe nicht, dass es einen grösseren Ewigkeitswert als den der Liebe gibt, d. h. Streben nach Gemeinschaft. Hier liegt der geometrische Ort, wo Gottheit und Menschheit sich treffen. In der Menschlichkeit und deren Arbeitsziele, der allerbarmenden, alles duldenden Liebe, stimmen alle Persönlichkeiten und alle Nationalitäten mit einer einigermassen hohen Kennziffer des Persönlichkeitswertes überein. […] Zu dieser Menschen- und Gottesliebe — wie wir sagen: „Humanität“ — die Menschheit zu erziehen, heisst den Tempel der Weisheit bauen.
(A. Wolfstieg, Die besonderen Aufgaben maurerischer Volksbildungsarbeit, Berlin 1910, S. 100)
Warum wird die Freimaurerei als Geheimbund bezeichnet?
Nicht die Freimaurer nennen ihre Gesellschaft einen Geheimbund, sondern die erste Erwähnung findet sich in der päpstliche Bannbulle „In eminenti apostolatus specula“, die gegen die Freimaurerei am 28.04.1738 ausgesprochen wurde. Darin wird von „geheimer Gesellschaft“ bzw. „undurchdringlichem Bündnis“ gesprochen.
Britische Freimaurer nahmen aber stets an öffentlichen Prozessionen teil, wie es heute noch in den angelsächsischen Ländern (u.a. Großbritannien, USA, Australien, Südafrika, Kanada) üblich ist. Darum kann Freimaurerei wohl eher als eine diskrete Gesellschaft bezeichnet werden, die aber ein aktiver Teil der Gesellschaft ist.
Was versteht man unter den „Alten Pflichten“?
Die als „Alten Pflichten“ bezeichneten freimaurerischen Grundregeln, sind ein Teil des ersten Konstitutionenbuch der Freimaurer von 1723. Es war öffentlich erhältlich und jedermann konnte es erwerben. Es gilt auch eines der ersten historischen Beweise für die Etablierung der neuen (modernen) Großloge: Grand Lodge of Freemasons in London and Westminster.
Oft wird das erste Konstitutionenbuch von James Anderson (1723) als „Alte Pflichten“ bezeichnet, was aber ungenau ist. Die „Alten Pflichten“ bilden auf den Seiten 49-56 nur einen Teil des ca. 90- seitigen Buches von 1723. Wobei dort aber nicht von den „Alten Pflichten“ gesprochen wird, sondern James Anderson spricht im ersten Konstitutionenbuch nur von den Pflichten eines Frei-Maurers. Auch in der aktuellen Version, die die englischen Großloge auf ihrer Internetseite veröffentlicht https://www.ugle.org.uk/about-us/book-of-constitutions heißt es nur „Charges“ also Pflichten.
Diese Ungenauigkeiten haben sich aber im deutschsprachigen Raum etabliert:
Die Alten Pflichten ≠ Konstitutionenbuch von James Anderson (1723).
Die Alten Pflichten im Konstitutionenbuch von James Anderson (1723) heißen nicht Alte Pflichten, sondern Pflichten eines Frei-Maurers.
Ist die Freimaurerei eine Religion?
Nein. Freimaurerei ist eine Gemeinschaft von religiösen, gläubigen und spirituellen Menschen. Wenn die Freimaurerei eine Religion wäre, könnten ja nur Mitglieder dieser oder einer bestimmten Religion Mitglied werden. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es ist das Ziel, dass Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen und Religionen Mitglied und zu Brüdern und Schwestern werden.
Was ist mit „Christentum“ in der Freimaurerei gemeint?
Die Freimaurerei entstand auf den britischen Inseln; obwohl im ersten Konstitutionenbuch von 1723 nur die „Religion, in der alle Menschen übereinstimmen“ erwähnt wird, so wird in der zweiten Auflage von 1738 deutlich gemacht, dass die Freimaurerei in einem christlichen Kontext entstanden ist.
Im ersten Konstitutionenbuch von 1723 wird in den sogenannten „Alten“ Pflichten deutlich hervorgehoben, dass die Grundlage aller freimaurerischen Arbeit eine auf Vernunft und Eintracht geschmiedete Bruderschaft ist. Sie basiere auf einer Religion, die nicht aus der Zusammenfassung bestimmter Glaubensartikel und Satzungen bestünde, wie solche im Laufe der Zeiten von den einzelnen Konfessionen aufgestellt wurden, sondern eben auf das einfache Christentum (i.S.v. Johann August von Starck, „Freymüthige Betrachtungen über das Christenthum“, 1780).
Im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde allmählich in Deutschland die Zugehörig zu einer christlichen Gemeinschaft in den meisten Großlogen aufgegeben.
Was versteht man unter dem Begriff „Esoterik“?
Der Begriff „Esoterik“ ist heutzutage genauso negativ besetzt, wie das Wort „Christlich“. Das Wort „Christlich“ hat nichts mit den Konfessionskirchen oder einer Institution zu tun, sondern er bedeutet nur die Nachahmung des Lebens Jesu Christi als Mensch. Der Begriff „Esoterik“ löst zudem in den meisten Menschen ein Bild aus, das nahe der „New Age“-Bewegung liegt. Denn dieser Begriff war eine im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts gebräuchliche Bezeichnung für diverse Strömungen in der Esoterik.
Esoterik ist in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs eine philosophische Lehre, die nur für einen begrenzten „inneren“ Personenkreis zugänglich ist. Der Gegensatz ist die Exoterik, was als allgemein zugängliches Wissen zu verstehen ist.
Welchen Zweck hat die Freimaurerei?
Die Freimaurerei hat nicht den Zweck, Dogmatik zu lehren oder Moral zu predigen, sondern allein den, die Menschheit ihrer Vollkommenheit mit ihren als zweckmässig anerkannten Mitteln entgegenzuführen. Diese Mittel sind die Wirkung auf das Gemütsleben der Brüder: So wollen wir uns von der Gemütsseite her erziehen zur Arbeit an uns selber. Es gibt viele Vereine mit idealen Zwecken, solche mit der alleinigen Absicht der Selbsterziehung zur Persönlichkeit auf sehr individuellen Wegen, keinen ausser unserer Verbindung. Diese Wege dann weiter auszubauen, ist die Pflicht der Bauhütten [Logen], sie immerfort zu wandeln, die der einzelnen Brüder. So werden wir „das Salz der Erde“.
Damit ist der erste Schritt zur Erfüllung unserer Aufgabe getan, aber auch nur der erste. Der zweite wäre der, dass wir durch Einwirkung auf die uns zugänglichen Kreise versuchen, das Gute, welches wir durch unsere Selbsterziehung erworben haben, qualitativ und quantitativ weiter zu verbreiten. So arbeiten wir jetzt an der Volkerziehung.
(A. Wolfstieg, Die besonderen Aufgaben maurerischer Volksbildungsarbeit, Berlin 1910, S. 101)