Großer Saal im Palais Hirsch

Am Wochenende des 11. und 12. Juli 2020 fand im Palais Hirsch in Schwetzingen das erste Freimaurer-Kolloquium statt. Das Palais Hirsch war ursprünglich der Wohnsitz von Pater Seedorf (eigentlich Franz Joseph Fegely) dem Beichtvater des Kurfürsten Carl Theodor. Von beiden nimmt man heute an, dass sie Freimaurer waren. Auch wenn das freimaurerische Kolloquium großlogenübergreifend, ja sogar gemeinsam mit Freimaurern beider Geschlechter gestaltet wurde, reiht es sich nahtlos in die 250 Jahresfeierlichkeiten der »Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland« ein.

Um dem Hygienekonzept gerecht zu werden wurde das Kolloquium von einem Tag auf zwei Tage erweitert (11.07.2020 und 12.07.2020 von 10-14 Uhr), sodass insgesamt 80 Interessierte (40 pro Tag), Freimaurer und Nichtfreimaurer, aus 22 Städten und Freimaurerlogen sowie aus drei Ländern, trotz Corona, teilnehmen konnten. Die Presse hat ausgiebig vor und nach dem Kolloquium berichtet.

Der Schlossgarten in Schwetzingen bietet mehreren freimaurerischen Systemen des 18. Jahrhunderts eine Projektionsfläche, ohne dabei das Eine oder Andere vorzuziehen. Das ist Einzigartig und zeugt von einem tiefen Verständnis für die Zusammenhänge der Freimaurerei in der damaligen Zeit. Man darf an dieser Stelle nicht vergessen, dass in der Mitte des 18. Jahrhunderts viele Akten und Rituale überwiegend mündlich und mit Handschriften weitergegeben wurden und dass über Länder- und Sprachgrenzen hinweg, ohne die uns heute so vertrauten Möglichkeiten der modernen Welt. Zugleich vermag der Schlossgarten die Hermetik, Alchemie und jüdisch-christliche Mystik, die griechisch-römische Mythologie, das Christentum sowie die Freimaurerei auf eine harmonische und unterschwellige Art und Weise miteinander in Bezug zu setzen. Der Schwetzinger Schlossgarten ist nicht nur der größte und am besten erhaltene Freimaurergarten der Welt, vielmehr noch er setzt allen freimaurerischen Ideen ein Monument.

Für das Freimaurer-Kolloquium konnten folgende Experten gewonnen werden:

  • Professor Dr. Jan Snoek (Religionswissenschaft, Universität Heidelberg): Freimaurerei in der Gartenbaukunst (UNESCO-Projekt 2006)
  • Dr. Monika Scholl-Frey (Kunsthistorikerin, Offenburg): Der Arion-Brunnen – Nur ein Schnäppchen für Schwetzingen?
  • Nadine Klein (Magistra Artium, Heidelberg): Der Schwetzinger Schlossgarten im Spiegel antiker Mythologie und westlicher Esoterik
  • Giovanni Grippo (Vorsitzender Freimaurer-Meister, Darmstadt): Inhalte des Schwetzinger Schlossgartens anhand heutiger Freimaurer-Systeme
  • Uwe Hauth (Diplom-Archivar, Traben-Trarbach): Die Geschichte der Bruderschaft der Freigärtner, von der Gründung 1676 bis heute

Mit Professor Dr. Jan Snoek, Dr. Monika Scholl-Frey und Nadine Klein wurde auf diejenigen Experten zurückgegriffen, die bereits 2006 beim ersten Antrag auf Weltkulturerbe schon beteiligt waren. Zudem konnte mit Uwe Hauth, einem Vorstandsmitglied der Wolfstieg-Gesellschaft sowie als Diplom-Archivar, jemand gewonnen werden, der von Berufs wegen und durch den internationalen Zugriff auf Archive, die Sachlage anhand von schriftlichen Nachweisen wissenschaftlich dokumentieren kann. Giovanni Grippo ist ein interdisziplinärer Autodidakt und arrivierter Freimaurer- und Esoterik-Forscher. Als Mitglied der »Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland« im IX. Grad ist er seit 2013 Vorsitzender Meister der Freimaurerloge »Zum flammenden Schwert« in Darmstadt.

Nach den Vortragsreihen am Samstag und am Sonntag fanden ab 15.00 Uhr, nach einem gemeinsamen Lunch, freimaurerische Führungen durch den Schlossgarten statt. Die im Kolloquium gewonnenen Erkenntnissen konnten so direkt und unter Anleitung von Nadine Klein und Giovanni Grippo anhand der Anordnung und Gestaltung der Tempelanlagen, sowie der Installationen selbst nachvollzogen werden.

In den Vorträgen und in der Begehung des Gartens wurde deutlich, dass es viele Hinweise dafür gibt, dass bei der freimaurerischen Erschließung des Schlossgartens in Schwetzingen auf den zehn-gradigen, in Deutschland bis heute bestehenden, sogenannten »Schwedischen Ritus« zurückgegriffen wurde. Damit können gezielt Symbole und Symbolanordnungen, sogenannte Arbeitstafeln, des »Schwedischen Ritus« in Deutschland mit Installationen und Bosketten verglichen werden; aber ohne dabei den freimaurerisch-französischen Einfluss des Hauptarchitekten Nicolas de Pigage zu übersehen. Dabei sollte man wissen, dass die meisten freimaurerischen Systeme, die heute auf dem europäischen Kontinent bestehen zum größten Teil aus Frankreich und weniger direkt aus England beeinflusst wurden.

Das Kolloquium stand Freimaurern und Nichtfreimaurern gleichermaßen offen, so dass die mitgereisten Partner und die an der Freimaurerei interessierten Gäste ebenfalls an allen Veranstaltungen teilnehmen konnten. In den Mittagspausen und beim Abendessen wurden die Erlebnisse rege untereinander ausgetaucht.

Die Vorträge werden als Heft der Wolfstieg-Gesellschaft e.V. mit einer ISBN-Nummer herausgegeben und im Buchhandel erhältlich sein. Man kann aber bereits jetzt unter der E-Mail-Adresse kontakt@wolfstieg-gesellschaft.org Interesse an dem ersten Band bekunden und sich ein Exemplar reservieren lassen.

Entree zum Großen Saal des Palais Hirsch

Das Kolloquium wurde von der Wolfstieg Gesellschaft e. V., den Freigärtnern in Deutschland , der Andreas-Vereinigung und den Johannislogen »Zum flammenden Schwert«, Darmstadt, »Zum brennenden Dornbusch« in Alzey und »Helweg«, Bochum unterstützt.

Das nächste Kolloquium wird am 24. Oktober 2020 in Düsseldorf stattfinden. Anmeldungen sind bereits möglich. Informationen finden sich hier: Termine